Konzept


In diesem gemeinsamen transdisziplinären Projekt soll das Themenfeld einer philosophischen Theorie des Empraktischen und einer experimentellen filmisch-künstlerischen Herangehensweise erarbeitet werden. Hierbei wird es einerseits darum gehen, die Themenfelder der Reihe „Experimente des Leibes“ weiterzuentwickeln und andererseits im Experiment des „empraktischen Filmens“ künstlerisch zu hinterfragen. Gemeinsamkeiten eines somatologischen Ansatzes in Kunst und Philosophie sollen kritisch beleuchtet werden und sich existenziell-ästhetisch offenbaren.

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Foto: Hagen Wiel (Filmproduktion Leipzig) – Tänzerin: Friederike Plafki

Der Leib hatte bereits als Gegenstand philosophischer Betrachtung bei den Griechen der Antike eine grundlegende philosophische Bedeutung. Doch im Diskurs der Moderne und Postmoderne verschwand er aus den wissenschaftlichen Arbeitsräumen mit dem Begriff des „body“, wohingegen er im philosophischen Diskurs v.a. an den amerikanischen und deutschen Hochschulen beherrschenden Philosophie, die man als eine harte (Verbal)Sprachphilosophie bezeichnen kann, einfach als selbstverständlich vorausgesetzt und zum philosophischen Nicht-Thema degradiert wird. Entweder mit der Begründung, der Leib sei ganz selbstverständlich da, das wissen wir doch nun; oder aber er wird als niederes bloß triebhaftes Problem und damit als philosophiewissenschaftliches Unproblem betrachtet und ganz ausgeschlossen. Man glaubt etwas vom Leib zu wissen, wenn man den Körper thematisiert. Man kann also von einer grundlegenden Leibvergessenheit in der Philosophie sprechen.
Auch künstlerische Arbeiten haben sich durch die Technologisierung in den Künsten vom Leib entfernt. Da die Technologien speziell in der Medienkunst zum künstlerischen Ausdrucksmittel wurden, sich also hier ein Zwischenschritt digitaler Methodologisierung des Leibes vollzieht, kann von einem rationalen Reduktionismus, welcher den Leib in der künstlerischen Arbeit in den Hintergrund treten lässt, gesprochen werden. Das Risiko an erkalteter technologisierter Kunst, einer blutleeren Ästhetik, ist der Selbstverlust des individuellen Schöpfertums. Die diesem Kunststreben eigene Geilheit auf die Maschinenlogik hat auch hier wie in der Philosophie das „Wissen des Leibes“ in den Hintergrund treten lassen, so daß aus dem Leib eher ein medialisiertes Körperbild wurde, und man darüber vergaß, den Leib als eigenes Macht- und Energiezentrum wahrzunehmen. Das Wissen des Leibes vergegenwärtigt uns unsere Existenz, führt uns in Bereiche unserer Identität und individueller Autonomie, welche v.a. in der Kunst Grundlage eines authentischen Kunstwerkes sind.
Mit Nietzsche steht hinter dem Verstand die große Vernunft, die ihn leitet und empraktisch organisiert: „Hinter deinen Gedanken und Gefühlen, mein Bruder, steht ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser – der heisst Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er.“ (KSA 4, 39)